Zur “Idee” vom Bürgermeister Sparvorschläge zu fordern

Die Grüne Linke Liste Kaufungen bedankt sich bei der CDU und der HNA für das Interview mit Stefan Röttger und Erwin Schmidt. Überschrieben ist der Beitrag, der am 2.5.14 erschien, mit „CDU fordert Sparvorschläge von Bürgermeister Roß“. (Als Grundlage diente wohl die auf der Internetseite der CDU veröffentlichte Presseerklärung.)

hna 9 Mai 2014Die Grüne Linke Liste Kaufungen ist mit der Arbeit des Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses keinesfalls zufrieden. Hier haben wir uns von Erwin Schmidt mehr erhofft. Er ist es, dem es nicht gelingt, in diesem Ausschuss eine Debattenkultur entstehen zu lassen. Vom Vorsitzenden kommen keine Anregungen, keine Aufforderungen, keine Initiativen. Es sind die anderen Fraktionen und es ist auch in besonderem Maße die Grüne Linke Liste Kaufungen, die mit Ideen, Anträgen und Vorschlägen in die Debatte einsteigen möchte und keinerlei Unterstützung erfährt. Und im Interview wird auch deutlich wieso: Die anderen – diesmal der Bürgermeister – sollen die Arbeit machen, damit die CDU dann hinterher kritisieren kann. Wir wünschen uns aber, dass wir, die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft, die Debatte führen und Ideen entwickeln.

Der Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses und der Parteichef der CDU meinen also, dass der laufende Haushalt zu wenig nach Sparmöglichkeiten durchforstet wird. Aber warum denn nicht? Als die Grüne Linke Liste Kaufungen vorschlug, dass der Ausschuss von den Fraktionen fordern sollte, Ideen bis zu einer der nächsten Sitzungen vorzulegen, da wurde das abgelehnt und von Erwin Schmidt folgendermaßen kommentiert: „Hausaufgaben vergeben wir hier keine!“

Wieso nimmt sich der Ausschuss nicht vor, den Haushalt nach Sparmöglichkeiten zu durchforsten? Verhindert das etwa der Bürgermeister? Nein! Verhindert das die Grüne Linke Liste Kaufungen? Nein! Der Ausschussvorsitzende sollte die Fraktionen fordern und die Debatte darüber anregen und leiten. Wenn es dann um die Beratungen geht, dann werden die einzelnen kleinen Posten durchgesprochen. Dabei sollten wir gemeinsam eine große Linie diskutieren und uns überlegen: Wo wollen wir eigentlich hin? Welche Mittel ergreifen wir? Äußern wir uns gemeinsam zu einer falschen Vermögensverteilung im Land? Verklagen wir den Bund, weil die grundgesetzlichen Vorgaben nicht mehr eingehalten werden? Werden wir laut? Und wie laut wollen wir sein? Darüber wäre eine Diskussion nötig.

Und wenn wir, die Vertreterinnen und Vertreter der Kaufunger Bürgerinnen und Bürger klar haben, wie der Hase laufen soll, dann übergeben wir das als Auftrag an den Bürgermeister. Andersrum ist falsch rum! Nicht der Bürgermeister ist, wie die CDU denkt, in der Pflicht! Sondern die Gemeindevertretung und insbesondere der Haupt- und Finanzausschuss ist in der Pflicht. Wir bedanken uns für das Interview, weil darin eine Grundhaltung sichtbar und öffentlich wird, die eines eben nicht ist: demokratisch im eigentlichen Sinn.

Der Politologe Wilhelm Knelangen drückt diese Gefahr folgendermaßen aus:

„Wenn wir nicht dafür sorgen, jeder an seinem Platz und jeder so wie er es kann, dass die demokratische Idee weitergetragen wird, dann könnte es sein, dass bezahlte Menschen über uns entscheiden.”

Genau an dieser Stelle ist Demokratie in Gefahr: Wenn wir nämlich beginnen zu fordern, dass Verwaltungen und bezahlte Bürgermeister dem „Volk“ Vorschläge machen und diese dann darüber diskutieren. Andersrum passt der Schuh. Auf der Internetseite der CDU Kaufungen wird gefragt: „Was
ist Ihnen die Demokratie wert? Helfen Sie uns mit Ihrer Spende.“ Nein! Der Wert einer Demokratie drückt sich nicht in einer Spende aus, sondern in einer Debatte, in einem Meinungsaustausch, in einem Stimmengewirr, in einem Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Positionen. Dazu muss es eine Kultur im Ausschuss geben, die so gestrickt ist, die genau das unterstützt und fordert und dazu braucht es einen Vorsitzenden, der das nicht nur kann, sondern auch will.

In dem Interview wird behauptet, dass das Parlament sich weigern würde, sich mit Haushaltsfragen zu beschäftigen. Dass Herr Schmidt und Herr Röttger den Kolleginnen und Kollegen aus der CDU damit selbst eine schlechte Arbeit attestieren, mag ja als internes Problem durchgehen. Gegen diesen Vorwurf wehren wir uns aber und bestätigen dem Parlament, dass es genau das macht. Wir wünschen uns einen Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses, der die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter zur Diskussion anregt, der Ideen formuliert, der Aussprachen einfordert und die Fraktionen auch mal mit Hausaufgaben nach Hause schickt. Aber wir haben halt leider keinen Ausschussvorsitzenden, der diese Aufgabe annimmt.

Am 5. Juni will die CDU nun einen Antrag einbringen, den sie schon vor kurzem nicht durchgebracht hat. Es war wieder einer der Anträge, der der Gemeindevertretung nicht schriftlich vorlag. Wieder konnte keine Begründung gelesen werden, weil die CDU fast alle Anträge so kurz und knapp wie möglich präsentiert, weil sonst ja die Möglichkeit besteht, dass die Gegenargumente noch besser sind. Der Fraktionsvorsitzende der CDU hat den Antrag eingebracht und die Begründung sogleich als Gelegenheit genutzt und politische Inhalte zu vermitteln versucht. Die Masche wiederholt sich immer wieder: Anträge werden spät eingebracht, nicht schriftlich begründet, die anderen Fraktionen haben einzig die mündlichen Aussagen des Fraktionsvorsitzenden. Selbst die Haushaltsanträge der CDU für 2014 – also die Gelegenheit, um mit den nun geforderten Sparvorschlägen zu glänzen – wurden im Dezember verfasst und dann aber erst Mitte Januar in der letzten Sitzung vor Beschlussfassung den anderen Fraktionen zum Lesen gegeben.

Der Grund der bemängelten Antrags-Ablehnung hat etwas damit zu tun, dass die Gemeindevertretung in ihrer Mehrheit den Wählerinnen und Wählern treu bleibt und sich ihrer Aufgabe stellt. Die Bürgerinnen und Bürger haben diese Gemeindevertretung gewählt, damit sie Lösungen erarbeitet. Wir sind dran, wir haben unterschiedliche Haltungen und Ideen, wir diskutieren kontrovers. Auch die CDU darf sich sicher sein: Dieses Parlament (in seiner Mehrheit) gibt nicht auf und wird sich auch nicht ausruhen und „Bürgermeister, mach mal!“ rufen, wenn es schwer wird. Beim Neujahrsempfang 2013 hat die CDU angekündigt, sich intensiv dem Thema Gewerbe zu widmen. In der Kaufunger Woche wurde schon im  Dezember 2012 verkündet, dass sich die CDU mit „Handlungsschritten“ zu diesem Thema beschäftigt. Doch bekannt über diese Schritte wurde nichts und auch das ganze Jahr 2013 über hat sich die CDU nicht zu diesem Thema geäußert. Immerhin: Die Teilnahme an der Gewerbeschau macht das Bemühen deutlich. Sinnhaft könnte es zum Beispiel sein, sich der Forderung der GLLK anzuschließen, dass die geplante A44 nicht gebaut wird. Dann werden unsere blockierten Gewerbeflächen sofort frei. Vielleicht kam die CDU ja auch auf andere Ideen, aber wissen dürfen die Bürgerinnen und Bürger darüber nichts. Ein Jahr später: Neujahrsempfang 2014. Die CDU will sich dieses Jahr um das Thema Haushaltssanierung kümmern. Und diesmal wird effektiver vorgegangen. Doch schon im März beantragt die CDU, dass nicht sie selbst, sondern die Verwaltung Vorschläge unterbreiten soll. Immerhin ein Vorschlag. Wir wollen aber kein Papier des Bürgermeisters, über das wir dann reden. Sondern wir wollen die Auseinandersetzung im Ausschuss. Wir wollen Argumente und Gegenargumente. Wir wollen Kontroversen und eine Kultur, die das unterstützt. Nur so gewinnen wir wieder Menschen für die Kommunalpolitik, in dem wir das Gestaltungspotential schärfen, Ideen entwickeln und durch die
Debatte begeistern.

Zum Hintergrund:
Der Haushalt 2014 ist noch nicht genehmigt. Die Kommunalaufsicht hat zwar signalisiert, dass im Grunde eine Genehmigung möglich ist, aber die Einführung der Straßenbeitragssatzung noch aussteht. In den folgenden Jahren werden aber noch größere Anstrengungen nötig sein. Die dazu zur Verfügung gestellten Empfehlungen machen deutlich, dass sich Land und Bund auf Kosten der Kommunen sanieren wollen. Hier ist grundsätzlich die Frage zu stellen – und die Grüne Linke Liste Kaufungen wird dies auch zur Diskussion stellen – ob wir weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern mehr Belastung zumuten wollen bzw. weitere Spar-Attacken planen. Denn die von der Mehrheit gewünschte Schuldenbremse im Land kann nur greifen, wenn den Kommunen weiterhin der Hahn abgedreht wird. Damit sägt der Staat an den Wurzeln der Demokratie. Solange die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander geht und solange immer mehr Privatvermögen bei immer weniger Menschen auf dem Konto liegt, kann sich daran überhaupt nichts ändern. Auch weitere Kürzungen werden nichts nützen und die Erhöhung der Gebühren, die dann später von CDU und SPD beschlossen werden, wird nichts bringen. Die Verteilung stimmt nicht und sie wird nicht dadurch besser werden, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr weg nehmen und noch mehr zumuten. Positiv sei vermerkt, dass die CDU Kaufungen nun selbst auf ihrer Homepage fordert, dass die Lastenverteilung verbessert werden soll und sich die Parteien auf allen Ebenen, also Bund und Land und Kommunen einbringen sollen. Wir sind gespannt, wie sich die CDU zu unserem Herbstappell verhalten wird. Die Straßenbeitragssatzung und damit die Genehmigung des Haushalts 2014 wird kommen. Wir bereiten derzeit einen Antrag vor. Das wäre überhaupt nicht nötig gewesen, denn dieser Antrag der GLLK wurde ja schon 2012 von CDU und SPD abgelehnt. Wir hatten ihn ja schon gestellt. Es wäre ausreichend Zeit gewesen, sich mit den Feinheiten zu befassen, aber vor zwei Jahren wollte sich ja niemand die Finger schmutzig machen. Und auch 2014 war es die Grüne Linke Liste Kaufungen, die vom Vorsitzenden des Haupt- und Finanzsausschusses einen Zeitplan eingefordert hat. Wir wollten wissen, wann es denn nun weiter geht mit den Beratungen. Aber mal wieder: Fehlanzeige. Im Juni wird unser Antrag in der Gemeindevertretung vorliegen, wir werden ihn auch vorab schon dem Ausschuss präsentieren. Beschließen werden wir auch diese zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger gemeinsam.

One thought on “Zur “Idee” vom Bürgermeister Sparvorschläge zu fordern

  1. Lieber Steffen Andreae, liebe Gllk,

    mit einem gewissen zeitlichen Abstand und von “außen” betrachtet kann ich Ihre Kritik an der CDU und dem Vorsitzenden des HAFI ja teilweise nachvollziehen. Zur Korrektur sei allerdings angemerkt, dass sich der HAFI wohl Ende 2012/Anfang 2013 im Zuge der Haushaltsberatungen in mehreren Sitzungen intensiv mit Einsparmöglichkeiten befasst hat und dort zu keinem erwähnenswerten Ergebnis gekommen ist. Bis auf Ihren wohl nicht Ernst zu nehmenden Vorschlag eines Verzichts auf die A 44 mit dem Ziel der Lösung blockierter Gewerbeflächen vermisse ich allerdings auch in Ihren Ausführungen konkrete oder auch nur einigermaßen sinnvolle Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung. Die A 44 werden auch Sie nicht mehr verhindern, weiterer Widerstand wird nur zu weiterenn Verzögerungen und damit zu weiteren Grundstücksblockaden führen. Eine Akzeptanz der Gegebenheiten und eine inhaltlich sinnvolle Mitwirkung und Einwirkung wäre allemal sinnvoller.
    Ansonsten ist doch die Konsolidierung des Haushaltes relativ einfach. Selbige ist möglich durch eine Senkung der Ausgaben oder eine Erhöhung der Einnahmen. Dies ist zweifelsohne eine Binsenweisheit, diese zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass sie ebenso zweifelsfrei richtig sind. An Ausgaben kann dort eingespart werden, wo keine Pflichtaufgaben der Gemeinde vorliegen. So z. B. bei der Straßenbahn, den Bibliotheken, Teilen der Kindergärten, Postagenturen, Grünflächenpfleger, Vereins- und Jugendförderung, etc. In Kaufungen nach meiner Erinnerung ein Betrag von ca. 800.000,- € jährlch. Was und wo man sparen will ist zu diskutieren. Eine Diskussion zur Senkung der Pflichtaufgaben ist müßig, da die Gemeinde die Senkung nicht in der Hand hat und die überörtliche politische Diskussion zwar notwendig ist, sicherlich aber kurzfristig zu keinem befriedigenden Ergebnis führt.
    Die zweite Möglichkeit ist die Steigerung der Einnahmen. Hier fallen mir die Gewerbesteuer, die Grundsteuer und insbesondere die Anliegerbeiträge ein. Im Übrigen auch die Möglichkeit, die Einwohnerzahl der Gemeinde kontinuierlich ausbauen, was in Teilen nur in der Schaffung neuer Baugebiete möglich sein dürfte. Auch hierüber könnten Vorschläge gemacht und diskutiert werden. Der Grund, warum keine Fraktion oder Partei diesen Komplex aufgreift liegt ja wohl letztlich auf der Hand. Begeisterung wird man bei den Bürgern und Wählern wohl für keinen Vorschlag ernten. Deswegen beschränken sich alle Parteien und Fraktionen, einschließlich der GllK und leider auch der SPD darauf, vom Sparen und der Notwendigkeit zu reden, konkrete Vorscläge aber tunlichst zu unterlassen.

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